Jahresgeneralversammlung der DJG Saar –  „Die Justiz im Wandel der Zeit – Der saarländische Weg“

Die DJG Saar hatte am 25.11.2016 zur alljährlichen Generalversammlung geladen.

Der Saal 1 im Landgericht Saarbrücken war gefüllt, als der Vorsitzende, Kollege Dirk Biegel den öffentlichen Teil der Versammlung eröffnete. Es wurden folgende Gäste begrüßt:

Aus dem Ministerium
Frau Staatssekretärin Dr. Anke Morsch
Herr LMR Bernd Weber
Herr MR Michael Raber
Herr RiLG Haldor Klos
Herr Geschäftsleiter Jörg Engel

Aus der Politik
CDU    Dagmar Heib
SPD    Christiane Blatt
Grüne  Hubert Ulrich

Aus dem gewerkschaftlichen Bereich
Herrn Ewald Linn, Landesvorsitzender des dbb-saar

Der Hausherr
Herr Hans – Peter Freymann, Präsident des Landgerichts

Die Kooperationspartner

Herr Daniel Heath und Frau Nadja Wünsch – bbbank

Herr Ralf Thönnes – debeka

Herr Herbert Pattard – Beamtenunterstützungswerk im dbb saar

und der Unterzeichner.

Der Kollege Dirk Biegel begann seine Rede neben einem anderen auch mit folgendem Zitat von Willy Brandt (Deutscher Bundeskanzler von 1969 – 1974):

„Der beste Weg, die Zukunft vorherzusagen, ist, sie zu gestalten“.

Dieses Zitat war gut gewählt, denn aus seinem Vortrag und den Wortbeiträgen der Staatssekretärin, der Politiker und des Kollegen des dbb-saar war zu entnehmen, dass die DJG Saar in die Lösungsfindungen mit einbezogen und als Gesprächspartner akzeptiert wird. Die tatsächlich kurzen Wege (zum dbb, zum Ministerium, zur Politik) und der respektvolle Umgang miteinander haben mich veranlasst, dies als „Saarländischen Weg“ zu deklarieren und möchte das am Beispiel der Strukturreform verdeutlichen:


Die vom Ministerium ausgerufene Strukturreform dient dem Erhalt der Standorte und der Effizienzsteigerung. Z. B. die Bereiche Zivil- oder Strafsachen werden von einem Standort aus bearbeitet. So kann sich eine Spezialisierung herausbilden und die Vertretungsmöglichkeiten werden verbessert. Die DJG Saar hat sich von Anfang an hinter diese Ziele gestellt und in der Landtagsanhörung diese Meinung auch vertreten; damit auch der Landesregierung respektive dem Justizminister den Rücken gestärkt. Trotz Widerstände außerhalb der DJG kann diese Reform jetzt umgesetzt werden. Beförderungsmöglichkeiten bleiben erhalten; notwendige Personalverschiebungen aufgrund der Konzentration von Aufgaben erfolgen nach sozialen Gesichtspunkten. Es ist zu wünschen, dass die Personalvertretungen rechtzeitig eingebunden werden!

Hier war für den Außenstehenden zu erkennen, dass die DJG und das Justizministerium an einem Strang ziehen, und zwar in die gleiche Richtung. Ich hab das öffentlich als Kuschelkurs bezeichnet und möchte das an dieser Stelle klarstellen: dies sollte nicht heißen, dass die DJG Saar kritiklos dem Ministerium gegenübersteht. Mitnichten! Sie wird weiterhin mit konstruktiver Kritik den Kurs des Ministers bzw. seiner Staatssekretärin begleiten.

Aber erkennbar rückte auch das Ministerium dichter an die DJG heran. Es geht nicht um Verbrüderung, sondern um die Tatsache, dass die DJG sich auch nach dem Wechsel in der Führung (von Rudi Weber zu Dirk Biegel) als verlässlich erwiesen hat, zu ihrem Wort steht und zwar ohne taktisches Geplänkel. Es ist nicht zu weit hergeholt hier von einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zu sprechen; und das ist gut so. Es drängte sich der Eindruck auf, dass seitens des Ministeriums versucht wird, die berechtigten Forderungen der DJG über die „wohlwollende Prüfung“ hinaus zu befördern.

Die Vertreterinnen der Regierungskoalition waren auch voll des Lobes. Natürlich ist das eine oder andere Wort dem beginnenden Wahlkampf geschuldet (Wahl Frühjahr 2017); nichtsdestotrotz war auch hier erkennbar, dass es wohl einen regen Austausch gibt und „man sich kennt“. Wie auch anders? Das Saarland scheint ein Dorf zu sein. Jeder kennt jeden bzw. kennt einen der einen kennt. Aber im Ernst: die Wege sind kurz in Saarbrücken. Der DJG-Vorsitzende kann mal Geschwind in den Landtag rübergehen, wenn er gerufen wird. Auch ein kurzfristiges Treffen mit der Staatssekretärin lässt sich arrangieren. So bedarf es keiner E-Mail oder eines Telefonats, sondern es wird face-to-face kommuniziert; mit allen Vorteilen, dass ein persönliches Gespräch bietet.

Interessant waren auch die Worte des dbb Vorsitzenden Saar, des Kollegen Ewald Linn. Er zollte der Landesregierung Respekt für das Ergebnis des Länderfinanzausgleichs ab 2020. Die Ankündigung im Jahr 2015, 2400 Stellen streichen zu müssen, wird Abschwächungen erfahren, da das Land ab 2020 jährlich ca. 500 Mio. € mehr in der Haushaltskasse hat, um den Staatsapparat so zu gestalten, dass er effizient ist und die Beamten und Angestellten nicht für das Haushaltsminus im bisherigen Maße herhalten müssen (weniger Besoldung und Stellenabbau).

„Die Personalsituation ist weiterhin in allen Bereichen angespannt“, so der Landesvorsitzende. Aber die Möglichkeiten, die sich aus dem Länderfinanzausgleich ergeben, stimmen hoffnungsvoll; dem Finanzminister können als Argument die PEBB§Y-Zahlen vorgehalten werden. Für den mittleren Dienst fehlen demnach 50 Stellen. Weiter ist der Mehrbedarf an Personal für die Einführung der elektronischen Akte zu berücksichtigen. Auch hier wird die DJG nicht müde, der Politik die Notwendigkeit vor Augen zu führen.

Der Unterzeichner stellte seine Rede unter das Motto „Gerechtigkeit – Gemeinsam – Gestalten“

Es geht nicht um die Gerechtigkeit, die gegenüber jedermann zu üben ist – unser täglich Brot. Sondern um Binnengerechtigkeit. Sind die Geschäftsverteilungspläne gerecht? Warum gibt es für den einen Sonderurlaub und für den anderen nicht? Beförderungen? Beförderung aber keine Höhegruppierung für Angestellte? Ist es gerecht, dass vielen Bediensteten die ihnen gebührende Wertschätzung vorenthalten wird?

Wir treffen uns vielen Zirkeln, Arbeitskreisen, Steuerungsgruppen, Workshops etc. Sind die Kolleginnen und Kollegen aber tatsächlich dabei, wenn Dinge beschlossen werden, die unmittelbaren Einfluss auf ihre Arbeit, ihr Umfeld, ihr Leben haben? Partizipation ist ein Fremdwort und wird es für viele Führungskräfte und Verantwortliche auch bleiben. Auch Transparenz ist so ein Wort, das eher in Sonntagsreden zum Einsatz kommt anstatt gelebt zu werden.

Es muss miteinander geredet werden; auch konstruktiv gestritten. Die Bediensteten sind keine Arbeitskraftanteile oder Vollzeiteinheiten. In großer Zahl widmen sich die Kolleginnen und Kollegen mit ganzer Kraft –und oft darüber hinaus- dem Dienst für die Behörde und letztlich für den Bürger. Es wird mehr geboten, als einen Job zu tun. Da ist wirkliches Engagement, keine lethargische Monotonie, keine Gleichgültigkeit, sondern Bewusstsein für die Qualität der Arbeit, auch dafür, dass Rechtsverzögerung Rechtsverweigerung gleichkommen kann. Es muss den leitenden Mitarbeitern klar sein, dass mangelnde Teilhabe, nicht nachvollziehbare Entscheidungen, das Nicht-Eingehen auf berechtigte Kritik zu Resignation, Gleichgültigkeit, Verringerung der Arbeitstiefe (oberflächliches Arbeiten) führen kann, was wieder einen Rattenschwanz von Problemen nach sich zieht.

Es ist sehr viel Aufwand und macht Arbeit, viele Leute einzubeziehen und entsprechende Gespräche zu führen. Aber, es ist der Mühe wert

Die Kolleginnen und Kollegen sind aufgefordert mitzugestalten, sich aktiv einzubringen; Verbesserungsvorschläge öffentlich zu machen aber auch Kritik zu äußern. Kompromissbereitschaft, die Fähigkeit sich in den anderen hineinzufühlen werden gesteigert und dem Individualismus wird etwas entgegengesetzt: nämlich Gemeinschaft  

Und die DJG?

Die ehrenamtlich Tätigen in den Vorständen repräsentieren die Kolleginnen und Kollegen in den Behörden und geben ihnen ein Gesicht.

Sie sind dazu da, den Kolleginnen und Kollegen eine Stimme zu geben,  sich dafür einzusetzen, dass evtl. vorhandene Missstände abgebaut werden, Forderungen zu formulieren und in die politischen Gremien und in die Justizministerien zu transportieren und die Gespräche zu suchen. Dabei aber immer im Blick habend, dass die Justiz nicht der Nabel der Welt ist; aber nicht ein Bereich unter vielen, sondern neben der Exekutive und der Legislative die Stütze und Stärke unserer Demokratie. Dessen müssen sich alle bewusst sein und akzeptieren, dass die Justiz immer ein „Zuschussbetrieb“ bleiben wird. Daher ist die finanzielle Ausstattung der Justiz so zu bemessen, dass sie ihren Aufgaben in der ganzen Breite gerecht werden kann. Auch die Justiz immer wieder mit Sparauflagen zu beuteln geht in die falsche Richtung. Gerade im Hinblick auf den ERV und die e²A macht es keinen Sinn. Vielleicht in 10 Jahren wird die Einführung einen Rationalisierungsgewinn einfahren. Aber bis dahin fließt noch viel Wasser die Saar runter.

Für die gute und allseits anerkannte Arbeit gebührt dem Vorstand Dank, Respekt aber auch Anerkennung.

Die gut besuchte Jahresgeneralversammlung der DJG Saar hat dies zum Ausdruck gebracht und dient als Grundlage für die weitere Tätigkeit im Vorstand der Gewerkschaft. Dieser ist sich sicher, dass er von den Mitgliedern getragen wird.

Ich freue mich auf ein Wiedersehen!

Helmut Leu

Stellv. Bundesvorsitzender