BAG-Urteil Umsetzung in Hamburg: EG 9a für Alle?!

Die Tarifgemeinschaft der deutschen Länder (TV-L), zu der auch Hamburg gehört, ist vom Bundesarbeitsgericht verpflichtet worden, die Tarifbeschäftigten in der Justiz in die EG 9a einzugruppieren.

Die Mitgliederversammlung der TdL hat beschlossen, aus den vorstehenden Urteilen des BAG für den Bereich der Geschäftsstellenverwalterinnen und Geschäftsstellenverwalter bei Gerichten und Staatsanwaltschaften sowie der Beschäftigten in Serviceeinheiten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften (im Folgenden: Beschäftigte) allgemeine Forderungen zu ziehen:

Alle Tarifbeschäftigten, die in mindestens einem Arbeitsvorgang mind. 5% höherwertige Tätigkeiten verrichten, in die EG 9a einzugruppieren. Das sind demnach fast alle Beschäftigten, die in einer Servicegeschäftsstelle arbeiten, da die Tätigkeiten in der Servicegeschäftsstelle als ein einziger Arbeitsvorgang gewertet werden. Dabei gilt zu beachten, dass sich die Eingruppierung nach der Wertigkeit der auszuübenden Tätigkeit richtet. Das bedeutet, wenn ein Beschäftigter die Tätigkeitsmerkmale von EG 9a erfüllt, ist er auch entsprechend einzugruppieren. Insoweit hat das BAG eigentlich nur bestätigt, dass die Tarifbeschäftigten mehr oder weniger Jahrzehnte lang falsch eingruppiert sind/waren und korrigiert damit einen Bewertungsirrtum der TV-L.

Und die Beamten?

Was das jetzt für die „Beamten“ bedeutet, ist noch unklar. Denn sie unterliegen einem ganz anderen Beschäftigungssystem als Tarifangestellte. Der Beamte erhält im Gegensatz zum Tarifbeschäftigten kein Geld für geleistete Arbeit, sondern dient 24/7 lebenslang dem Staat. Die Besoldung soll dabei sicherstellen, dass er dies mit ganzer Kraft tun kann. Beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile, dabei müssen auch die Unterschiede im Gesamten, also nicht nur das Entgelt, sondern auch Sozialleistungen, Flexibilität etc. betrachtet werden. Um einige Beispiele zu nennen:

Beamten kann nicht gekündigt werden, Tarifbeschäftigten schon.

Wenn der Beamte erkrankt, erhält er weiter seine vollen Bezüge, der Angestellte bekommt nach 6 Wochen Krankengeld (70% von letzten Netto) und wird nach 72 Wochen „ausgesteuert“ und bekommt Geld vom Arbeitsamt.

Tarifangestellte können zum Aushandeln ihres Entgelts vom Grundrecht des Streiks Gebrauch machen, während die Beamtenbesoldung durch Gesetz bzw. Verordnung festgelegt wird, sodass Beamten Streiks verboten sind (diese würden dann nämlich die Nötigung eines Verfassungsorgans darstellen!). Stattdessen dürfen sie an der Besoldungsgesetzgebung mitwirken.

Dass die Beamten auf den Geschäftsstellen mit A6 anfangen und dann in der A7 hängen bleiben, ist ein Problem, dass die Landespolitik jetzt lösen muss. Auch außerhalb der Geschäftsstellen bedarf die gesamte Besoldungsstruktur nun einer Änderung. Der Justizsenatorin haben wir das Versprechen abgerungen, dass jedenfalls die Geschäftsstellenbeamten zeitnah und außerhalb der Reihe auf Besoldungsgruppe A8 angehoben werden sollen. Wir werden Frau Gallina an ihrem Versprechen messen!

Das Gefüge insgesamt muss auf den Prüfstand gestellt werden, und zwar für Alle!
Angefangen bei den Wachtmeistern bis hin zu den Rechtspflegern und dem Höherem Dienst. Die Justiz muss sich komplett neu aufstellen um ihre rechtsstaatlichen Aufgaben wahrnehmen zu können und das geht nur mit motiviertem Personal.

Im Übrigen liegen die ersten Klagen bzgl. einer amtsangemessenen Alimentation beim Bundesverfassungsgericht, wo andere Länder bereits erfolgreich waren. Aber das Land Hamburg zieht daraus keine Konsequenzen und will selbst verurteilt werden. Wir, die DJG-Hamburg und der dbb-Hamburg, unternehmen alles, damit dies auch geschieht. Wir unterstützen Euch seit Jahren bei Widersprüchen und (vielen tausend!) Klagen gegen den Dienstherrn. Am Ende, davon sind wir felsenfest überzeugt, werden wir erfolgreich sein!

Lohnt es sich noch, Geschäftsstellenleiter / Gruppenleiter oder Ausbilder zu werden?

Dass die Leitungen von Serviceeinheiten jetzt nur noch unwesentlich höher bezahlt werden, lässt die Aufgabe nicht wirklich attraktiv aussehen.
Und auch Ausbilder die jetzt die gleiche Bezahlung erhalten, wie alle anderen auch, ist ein Begleitumstand, den wir bei der Justizsenatorin und dem Staatsrat bereits angesprochen haben. Hier müssen aus Sicht der DJG Hamburg neue Perspektiven in Richtung EG9c / EG10 / EG 11 usw. eröffnet werden. Andernfalls wird die Justiz keine Mitarbeiter mehr finden, die solche Tätigkeiten übernehmen wollen.

Was ist mit den Mitarbeitern in der Verwaltung, den Gerichtskassen oder der IT?

Hier stellt sich das Personalamt auf den Standpunkt, dass das Urteil nur die Kollegen aus den Servicegeschäftsstellen beträfe. Wir sind der Meinung, dass grundsätzlich jeder Mitarbeiter zu jeder Zeit einen Antrag auf Höhergruppierung oder Überprüfung seiner Eingruppierung stellen kann. Das Urteil hat in seiner Begründung auf den „Arbeitsvorgang“ (siehe unten) abgestellt, dabei sei dahingestellt, ob in der Verwaltung, der Gerichtskasse oder der IT. Dabei ist aber darauf hinzuweisen, dass die IT schon einen eigenen Tarifvertrag hat, der Beachtung findet.

Dass die Diskussionen um die Eingruppierung nach dem BAG-Urteil momentan in den einzelnen Dienstzimmern hochkochen und zu Unmut führen, ist klar. Wir müssen dabei aber auch aufpassen, dass wir keine „Neiddebatten“ führen und in den Diskussionen sachlich bleiben.

Wir werden weiterhin für Verbesserungen ALLER kämpfen!!!

Eure Landesleitung
DJG-Landesverband Hamburg

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Was bedeutet „Arbeitsvorgang

Die gesamte Tätigkeit eines Beschäftigten setzt sich aus Arbeitsvorgängen zusammen. Ein Arbeitsvorgang ist der kleinste bei natürlicher und vernünftiger Betrachtungsweise abgrenzbare Teil der Gesamttätigkeit. Der Arbeitsvorgang darf nicht unzulässig in mehrere Teile zerlegt (atomisiert) werden. Deshalb dürfen Zusammenhangsarbeiten, die als untergeordneter Teil einer Arbeitsmessung anzusehen sind, nicht gesondert gewertet werden (z. B. das Prüfen eines Antrags auf Vollständigkeit, das für die Bearbeitung eines Antrags erforderliche Heraussuchen einer Akte oder das Studieren von Fachliteratur zur Lösung der Problemstellung). Der Arbeitsvorgang stellt ein Arbeitsergebnis dar, das von dem Beschäftigten erzeugt werden soll.