Menschen mit Behinderung

Inklusion braucht Mitwirkung

Vom 4. bis 7. Sept. 2023 fand die diesjährige Tagung des Fachbereichs „Menschen mit Behinderungen“ in Königslutter statt. Wichtige Themen waren u.a. die Zuständigkeit bei Ordnungswidrigkeiten nach § 238 Abs. 3 SGB IX, die Beschäftigungssituation von schwerbehinderten Menschen in der Justiz, die Gewinnung von neuen Mitgliedern für den Fachbereich und die E-Akte.

Übertragung der Aufgaben der Bußgeldstelle für Ordnungswidrigkeiten nach dem Schwerbehindertenrecht an das Zollamt 

Aktuell ist die Bundesagentur für Arbeit zuständig für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 238 Abs. 3 SGB IX. 

Der Fachbereich Menschen mit Behinderungen kritisiert neben anderen Institutionen diese Zuständigkeit bereits seit Jahren und fordert, dass die Aufgaben der Bußgeldstelle für Ordnungswidrigkeiten an das Zollamt übertragen werden. 

Mehrfach wurde darauf hingewiesen, dass die Bundesagentur für Arbeit in dieser Aufgabe in einem Interessenskonflikt stehe: Einerseits werbe sie bei Betrieben/Dienststellen dafür, Menschen mit Schwerbehinderungen einzustellen, andererseits habe sie gegenüber diesen Betrieben/ Dienststellen eine Kontrollfunktion und müsse Pflichtverstöße als Ordnungswidrigkeiten ahnden. 

Gewinnung von weiteren Bundesländern für den Fachbereich 

Als neues Mitglied durften wir Christoph Vollert (Schleswig-Holstein) begrüßen, was uns sehr gefreut hat! Der Fachbereich wirbt bei der Bundesleitung der DJG intensiv dafür, dass alle Bundesländer Vertreterinnen und Vertreter zu den Sitzungen des Fachbereiches entsenden. Aktuell sind nur 9 Bundesländer vertreten.

Die Vorsitzende des Fachbereichs, Heidi Stuffer, wird in den kommenden Monaten in die Bundesländer reisen, aus denen noch kein Mitglied für den Fachbereich durch den Landesvorsitzenden benannt wurde und dort für den Fachbereich werben. 

Neueinstellung und Beschäftigung – Programme zur Steigerung der Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen in der Justiz 

Derzeit ist die Zahl der Bewerbungen von Menschen mit Behinderungen für die Justiz verhältnismäßig niedrig, was u.a. in einer sinkenden Beschäftigungsquote resultiert. Die Bundesländer haben verschiedene Maßnahmen und diverse Programme für die Neueinstellung und Steigerung der Quote eingeführt. In NRW gibt es verschiedene Maßnahmen: 1. Koordinierende Stelle für Inklusion für die gesamte Landesverwaltung im Ministerium des Innern. Informationen über Inklusionsprojekte sollen ressortübergreifend besprochen werden. 2. Referat für Diversität im Ministerium der Justiz- Hier wird zurzeit ein neues Projekt mit einer Fachpraktikerausbildung (Theoriereduzierte Ausbildung) für schwerbehinderte Meschen ins Leben gerufen. 

Tagung: Inklusion braucht Kommunikation 

Vom 9. – 11. Oktober 2023 findet das Treffen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Schwerbehindertenvertretungen in Siegburg statt. Das Programm nimmt Zukunftsfragen für die Inklusion in der Arbeitswelt in den Blick: Melanie Glücks und Timo Wissel (LVRInklusionsamt) sprechen in einem Impulsvortrag über die Rolle der Vertrauensperson. Christoph Beyer, Leiter LVR-Inklusionsamt Köln und Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH), gibt einen Überblick über die aktuelle Rechtsprechung zur Inklusion. 

Anschließend trägt Susanne Strehle BMAS zum Thema „Wie geht es weiter mit der inklusiven Arbeitswelt in Deutschland?“ vor. Stefanie Floegel, Jobcoach, referiert über „Psychische Gesundheit braucht Kommunikation“. Bundesbehindertenbeauftragter Jürgen Dusel schließt die Veranstaltung mit einem Vortrag zu „Demokratie braucht Inklusion“. 

Barrierefreiheit zu den Fachverfahren: GeFa und e-Akte 

Im Fachbereich besteht große Einigkeit darin, dass nur ein bundesweites Kompetenzzentrum für barrierefreie IT in der Justiz auf Dauer zielführend sein kann. Jedes Bundesland sollte hierfür Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für die digitale Barrierefreiheit stellen, damit auch seh- und hörbehinderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Soft- und Hardware arbeiten können.

 Heidi Stuffer
Fachbereichsleiterin

Behindertenrecht und aktuelle politische Fragen

Der Fachbereich „Menschen mit Behinderungen“ der DJG führte im Herbst 2022 ein Seminar zum Thema „Behindertenrecht“ und „Aktuelle politische Fragen“ durch.

Heidi Stuffer, Vorsitzende des Fachbereichs, hat die Veranstaltung geleitet. Michael Auriga, stellvertretender Bundesvorsitzender der DJG begrüßte die Teilnehmenden und berichtete von der Arbeit des Bundesvorstands.

Herr Dieter Fischer, Bundesbahnoberrat a. D. freiberuflicher Dozent im Bereich Verwaltung, gab einen sehr detaillierten Einblick in die EU-Richtlinien zum Behindertenrecht i.V.m. SGB IX und AGG.

Er bezeichnet das Europäische Recht als Initiator des Schwerbehindertenrechts. Meilensteine sind die Gleichbehandlungsrichtlinie für die Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (76/207/EWG), der Gleichbehandlungsgrundsatz ohne Unterschied der Rasse oder ethnischen Herkunft (2000/43/EG) und aktuell die Sanktionen für sexuelle Belästigung oder Anweisung zur Diskriminierung. 

Im Weiteren erläuterte Fischer die wesentlichen Grundlagen des Schwerbehindertenrecht (SGB IX/Teil 3), des AGG und der Personalvertretung. Der Referent untermauerte zahlreiche Beispiele in seinem Vortrag. Im weiteren Verlauf der Veranstaltung formulierten die Teilnehmer Anträge zum dbb Bundesgewerkschaftstag in Berlin. Im Einzelnen wurden folgende Anträge gestellt: 

  • (Teil-)Freistellungsregelung für Schwerbehindertenvertretungen, § 179 Abs. 4 SGB IX
  • Altersrente für schwerbehinderte Menschen
  • Pflicht der Arbeitgeber zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen
  • Übertragung der Aufgaben der Bußgeldstelle für Ordnungswidrigkeiten an die Behörden der Zollverwaltung
  • Änderung der Beteiligungsrechte
  • Änderung der Ausgleichsabgabe Þ Erhöhung der Beiträge der Ausgleichsabgabe/ Einkommenssteuer
  • Änderung der Wahlordnung hins. § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX

Heidi Stuffer (Bayern) regte die Mitglieder des Fachbereichs an, die Forderungen auch an die jeweiligen politischen Sprecher/ innen der Parteien sowie an die Behindertenbeauftragten in den eigenen Ländern zu richten. Weitere Themen waren:

Gewinnung von Mitgliedern

Die Mitgliederwerbung soll weitergeführt werden. Ines Kunze, Hamburg, vertrat den Fachbereich „Menschen mit Behinderung“ in der Bundesvorstandssitzung der Deutschen Justizgewerkschaft e.V.. Landesvorsitzenden werden gebeten, diesen Fachbereich in ihren Ländern zu besetzen. Insbesondere würden wir uns über Mitglieder aus den östlichen Bundesländern freuen, da diese in unserem Fachbereich noch nicht vertreten sind.

Pauschale Beihilfe

In einigen Bundesländern wird ein Teil der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung als pauschale Beihilfe gezahlt. Diese Regelung können nur neu eigestellte Beamtinnen und Beamten nutzen, wenn sie statt privater Krankenversicherung (PKV) die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wählen. Die Beamten mit einer Behinderung müssen derzeit monatlich den kompletten Beitrag (Beispiel: Wachtmeisterkollegen/innen ca. 700 €) in die gesetzliche Krankenkasse und Pflegeversicherung zahlen, während Beschäftigte mit einer Behinderung nur den halben Satz zahlen. Diese Regelung sollte in weiteren Bundesländern umgesetzt werden.

Barrierefreie Präsentationen

Auf Anregung von Peter Engels (Saarland) soll der Deutsche Beamtenbund um Prüfung gebeten, dass künftig die Präsentationen von den Referenten barrierefrei umgewandelt werden.

Heidi Stuffer

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